Xela – Spanischlernen in den Bergen

Willkommen in Quetzaltenango, das alle nur Xela [Sche-la] (Kurzform des Maya-Namen der Stadt Xelahú) nennen. Hier in den Bergen von Guatemala auf 2230m wollen wir mehr Zeit verbringen. Wir wollen hier einen Sprachkurs machen und bei einer Gastfamilie wohnen. Hier in Xela (was bei mir Tobi nun Platz 4 in meinem vorläufigen Ranking meiner Lieblingsstädte nach London, Chang Mai und Valencia und noch vor Berlin einnimmt) ist alles etwas anders als bisher auf der Reise. Die größten Unterschiede sind: 1. man muss lange Hosen und meist sogar einen Pullover tragen; 2. man muss hier tatsächlich Spanisch reden! Das mit den langen Hosen gefällt mir Tobi nicht so gut, aber zum Spanisch reden sind wir ja mit unter auch hier her gekommen. Xela, die zweitgrößte Stadt des Landes, ist für guatemaltekische Verhältnisse eine sehr wohlhabende Stadt und besitzt 8 Universitäten. Der Großteil der Bevölkerung ist nicht spanischer Abstammung, sondern ist Maya, bzw. Ladinos (Mischung Spanisch-Maya). Die hier lebenden Maya sind vom Stamm der Quiche und viele der Einwohner haben auch Quiche als Muttersprache. Generell gibt es in Guatemala 28 anerkannte Sprachen. Allerdings kann/konnte ich den Unterschied zwischen spanischer- und Mayaabstammung bis zuletzt nie erkennen.

Wir kamen also am Samstag den 8. März nach unseren ersten Kilometern auf der legendären Panamericana früh morgens in Xela an, suchten uns eine Bleibe für eine Nacht und machten uns dann auf die Suche nach einer Sprachschule für die nächsten beiden Wochen. Wir hatten uns zwar im Internet informiert, aber da es in Xela nur so von Sprachschulen wimmelt, machten wir uns auf den Weg unsere Favoriten persönlich abzuklappern. Doch wie zu erwarten war, haben alle Schulen die am besten ausgebildeten Lehrer, die schönsten Terrassen, die besten Methoden und natürlich auch die besten Gastfamilien. Nach vier besuchten Schulen entschieden wir uns schließlich für die Schule „Proyecto Lingüistico Quetzalteco„. Diese Schule war mit 225$US für 25 Stunden 1:1 Unterricht + Gastfamilie + Vollpension die teuerste (unerhört billig). Wir haben uns aber bewusst für diese Schule entschieden, da wir sicherstellen wollten, dass Lehrer sowie Gastfamilien wenigstens eine einigermaßen angemessene Bezahlung bekommen. Nachdem wir uns am Samstag für diese Schule angemeldet hatten, konnten wir dann am Sonntagnachmittag bei unserer Gastfamilie einziehen. Familie Sanchez war ein absoluter Glückstreffer. Die Familie Mario, Norma (die Eltern), Leticia (die Mama von Norma) und die beiden Söhne Alejandro und David waren über die Maßen freundlich und wollten mit den Studenten nicht nur Geld verdienen. Sie aßen immer mit uns und nahmen sich bei jedem Essen mind. 1 Stunde Zeit um mit uns zu sprechen. Und wir hatten sogar Internet. An dieser Stelle nachmals: „Muchas gracias por todo. Ustedes eran como una familia guatemalteca. !Nosotros disfrutamos cada dia en su casa!“

Nach dem Kennenlernen der Familie wurde es nun ernst. Eine Woche Unterricht bestand aus 25 Stunden 1:1 Spanischunterricht + jeden Tag zwischen 2,5Std und 4Std Hausaufgaben *stöhn/ächts*. In der ersten Woche bekam Steffi Eduardo als Lehrer ich -Tobi- Domingo. In der ersten Woche waren wir beide nicht sonderlich zufrieden mit unseren Lehrern. Ich noch etwas mehr als Steffi. Aber mir konnte man auch leichter etwas lehren, da ich noch nicht so viel wusste. Nach den ersten Tagen und nachdem wir mit unseren „Mitschülern“ etwas in Kontakt kamen, wurde uns sehr schnell klar, dass die Schule sich am linken Rand des politischen Spektrums befindet. Aber es gab auch Einzelne, die nicht aus politischer Überzeugung sondern zum Spanisch lernen die Schule besuchten. In der zweiten Schulwoche wurde dann alles besser, Steffi hatte Sonja, eine emanzipierte Sozialarbeiterin als Lehrerin und ich Rocael -einen Bauingenieur. Beide Lehrer in dieser Woche waren exzellent und so war besonders Steffi sehr glücklich über ihre seelenverwandte Lehrerin. So bekamen wir dann am Freitagabend vor der Abreise bei einem gemeinsamen Abendessen in der Schule unser Diplom überreicht. Jedoch waren diese Abschiedsessen, wir hatten das vorhergehende auch schon besucht, für mich äußerst skurril. Grundsätzlich gab es Essen und Bier, soweit also gut. Jedoch wurde vor dem Essen und der Überreichung der Diplome gemeinsam gesungen. Eine Band aus 2 Lehrern und Direktor der Schule sangen kommunistische, anti-imperialistische und anti-amerikanische Lieder. Einige hingen auf Plakate aus und so kam es zu dem Bild, dass 25 Leute (Lehrer und Schüler) teilweise mit voller Inbrunst Gerillalieder schmetterten. Zwei davon habe ich als Kostprobe angehängt. Hört’s euch einfach an und entscheidet selbst. Wie uns die Familie später erzählt hat, sind der Direktor und einige Lehrer Ex-Gerillas. Danach kam es zur eigentlichen Zeugnisübergabe. Dazu musste jeder Schüler ein Lied singen, ein Gedicht aufsagen, tanzen oder ähnliches machen. Kommunistische Gedichte waren schwer im Trend. Doch das brachte ich nicht übers Herz. Steffi spielte mit dem Gedanken ein Gedicht von Berthold Brecht in Spanisch aufzusagen. Besann sich aber eines Besseren:-) Ich entschied mich einen Trinkspruch zum Besten zu geben. Den ich euch hier nicht vorenthalten möchte:

!Quiero proponer mi brindis favorito. !Por supesto en espanol!!Entonces tomen sus vasos!
(Ich möchte einen Lieblingstrinkspruch aussprechen. Natürlich in Spanisch. Also nehmt eure Gläser!)
-El corzo salta alto, el corzo salta lejos.
?Pero por qué no, tiene mucho tiempo?-

Y ahora en aleman:
(Und jetzt auf deutsch)
– Das Reh springt hoch, das Reh springt weit,Warum auch nicht es hat ja Zeit-
Salut!

Ich kann nur sagen, der kam nicht ganz so gut an wie die Gedichte:-) Nichts desto trotz sprechen wir jetzt besser Spanisch als zuvor. Und wir haben nicht nur unser Spanisch verbessert, sondern auch viel über die Geschichte und politische/soziale Situation von Guatemala gelernt. Während der Zeit in Xela haben wir natürlich auch noch andere Sachen gemacht. Zum Beispiel sind wir mit der Schule zu einer Natursauna gefahren, die durch einen Vulkan erhitzt wird und haben in den heißen, schwefligen Naturthermen eines Vulkans den „Fuentes Georginas“ gebadet. Hier gab es sogar Becken, die Steffi zu heiß waren. An unserem freien Wochenende in Xela haben wir uns entschlossen, am Samstag den magischen Kratersee „Laguna Chicabal“ im Krater des Vulkans Chicabal (Rituelle Städte der Mayas auf 2712m) anzuschauen. Zum Besuch der Lagune nahmen wir die öffentlichen Verkehrsmittel (Chicken Buses), da eine organisierte Tour dorthin 25€ pro Person gekostet hätte (10x mehr als wir mit dem Chicken Bus bezahlt haben). Als wir mit dem Bus am Fuße des Vulkans ankamen, fragten wir einen Einheimischen, wie weit es denn zur Lagune sei und er bestätigte uns, dass wir in ca. 45min – 1 Std. oben sind. Das hat leider nicht ganz gestimmt:-) Nach mehr als 2,5 Stunden sind wir schließlich am Aussichtspunkt der Lagune angekommen. Leider konnten wir nichts sehen, da alles komplett in einer Wolke versunken war. Wir entschieden uns in den Krater hinab zu steigen, um wenigsten den Kratersee zu sehen. Wir stiegen also 500 Stufen hinab zum See, den wir dann tatsächlich ein bisschen gesehen haben. Aber es war total neblig und wir konnten keine 2 m weit sehen. Und wir hatten keine Ahnung mehr wo wir sind und wie wir zurückkommen können. Wir müssen wohl sehr verloren ausgesehen haben, so dass uns die einzige Gruppe, die zu dieser Uhrzeit überhaupt noch dort war, ansprach. Wir sind dann mit diesen guatemaltekischen Jugendlichen dem Nebel der Maya entkommen. Diese Gruppe war dann so freundlich und hat uns in ihrem Pick up nach einer Stunde fahrt direkt vor der Haustüre abgesetzt. Steffi wollte dem Fahrer dann noch etwas Geld für die Fahrt zustecken, aber er lehnte dieses mit den Worten „Willkommen in Guatemala“ wehement ab. Dies sind dann für uns bleibende und schöne Eindrücke.

Am Sonntag und damit habt ihr meinen Bericht auch tatsächlich bis zum Ende gelesen, haben wir uns dann aufgemacht zum wie viele sagen absoluten Highlight von Guatemala. Dem Maya-Markt von Chichicastenango. Auch hier haben wir wieder die öffentlichen Busse benutzt, allerdings waren die Chickenbusse unglaublich voll, da dieser Markt sowohl bei Einheimischen als auch bei Touristen sehr beliebt ist. Und voll bedeutet in Guatemala, dass pro Reihe mit 2×2 Sitzplätzen, 2×3 Leute sitzen und noch einer dazwischen steht. Schaut euch die Bilder an, dann seht ihr was ich meine. Dann muss man noch schauen, dass man nicht bestohlen wird. Was leider sehr üblich ist und dass man als Tourist im Bus nicht den doppelten Preis bezahlt. Aber haben es tatsächlich geschafft nicht bestohlen zu werden und haben bei der Hinfahrt nur 5 Quetzales = 50Cent mehr bezahlt!!
Den Markt an sich empfanden wir beide nun nicht als furchtbar spannend. Highlight des Marktes war unser Essen in einer der Comedores, in dem Einheimische kochen. Das war lecker.

Nach den 2 Wochen hieß es dann Abschied nehmen von Familie Sanchez. Beim Frühstück wunderten wir uns, dass unser Gastpapa Mario ungewöhnlich zurückhaltend war. Und wir dachten zuerst, dass unser Abschiedsgeschenk, eine Packung guatemaltekischen Spitzenkaffee, wohl zu wenig war. Aber dann stellten wir fest, dass er schlicht und einfach traurig war, dass wir heute gehen. Und das waren wir auch! Und wir wollen an dieser Stelle nochmals sagen: „Danke für eine tolle Zeit! Gracias por un tiempo grandioso!“ Aber letztendlich stiegen wir dann in den Minibus nach San Pedro La Laguna ein.

Jetzt noch ein Lob an Alle, die tatsächlich den ganzen Bericht gelesen haben. Und ich bitte euch diese Tapferkeit in Form eines Kommentars der Welt mitzuteilen:-) Der nächste Bericht wird auf alle Fälle kürzer!

 

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Eine Antwort auf Xela – Spanischlernen in den Bergen

  1. Horschti sagt:

    Cooooool!!!!!

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